Ernsthaft gegen Zwangsheiraten

Vor kurzem gab es auf dem britischen Sender BBC einen Dokumentarfilm über Zwangsverheiratungen britischer Staatsbürgerinnen mit pakistanischem Ursprung zu sehen. Die Dokumentation ist sehenswert: einmal weil sie die erschreckenden Ausmaße anhand aktueller Beispiele vor Augen führt; aber auch weil hier gezeigt wird, wie von staatlicher Seite gegen so ein "Phänomen" erfolgreich vorgegangen werden kann. In Großbritannien mehren sich die Fälle von Zwangsverheiratungen in den letzten Jahren. Die britische Regierung hat deswegen eine Spezialeinheit zusammen gestellt, die selbst in Pakistan noch tätig werden kann und dort Mädchen und Frauen aus bedrohlichen Situationen befreit. Diese Spezialeinheit wird tätig, wenn sie eine Nachricht über eine bevorstehenden oder bereits vollzogene Eheschließung unter Zwang erhält. Die Einheit arbeitet in Pakistan mit der dort ansässigen Polizei zusammen, die den Mitarbeitern und den Mädchen und Frauen Schutz gewähren, während versucht wird, die Situation mit der Familie zu klären. Im Film werden verschiedenen Lösungsmöglichkeiten gezeigt, aber immer wird versucht, den direkten Kontakt zu dem Mädchen herzustellen. Dies erweist sich oft als schwierig, da es von der Familie versteckt gehalten wird. Gelingt der Kontakt, wird dem Mädchen angeboten, sofort im Schutze der Spezialeinheit zurück nach Großbritannien zurück zu kehren. Gelingt der Kontakt nicht werden die Eltern oder involvierte Verwandte von dem in Pakistan zuständigen Gericht immer wieder dazu aufgefordert, mit dem Mädchen vorstellig zu werden. Die Spezialeinheit besteht zu einem großen Teil aus Briten pakistanischer Abstammung, die sich sehr gut mit den kulturellen und administrativen Gegebenheiten in Pakistan auskennen. Es gibt zudem ein Schutzhaus, in dem die Frauen erst einmal unterkommen können, psychologische Beratung und unkomplizierte Hilfe bei der Erstellung neuer Reisedokumente, da die Reisepässe oft von der Familie versteckt werden. Die Dokumentation ist vor dem Hintergrund der deutschen Diskussion auch besonders interessant, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland ein ähnlich gelagertes Problem mit Zwangsverheiratungen gibt. Wenn man dann allerdings die Maßnahmen, die der Deutsche Staat ergreift ((Hebung des Zuzugsalters neuer Ehepartner auf 21 Jahre und Deutschtests vor der Einreise.)) mit denen des britischen Staates vergleicht, dann fragt man sich wirklich, ob es dabei ernsthaft um die Bekämpfung von Zwangsehen geht, oder nicht vielmehr um einen willkommenen Vorwand unliebsame Einwanderer los zu werden. Wie man in der Dokumentation gut sehen kann, ist es für eine Rettung der Mädchen und Frauen eine Zusammenarbeit staatlicher Stellen unerlässlich. Nur so können Gesetze – auch in der Türkei ist Zwangsheirat verboten – auch wirklich in die Praxis umgesetzt werden. Es ist ein Trauerspiel, dass wirkliche Hilfestellung für Betroffene von Zwangsheiraten in Deutschland meist nur von ehrenamtlichen Vereinen erfolgt, die zudem noch nicht einmal staatlich gefördert werden, sondern auf Spendengelder angewiesen sind. Die Dokumentation kann man hier in 6 zehnminütigen Teilen ansehen: Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil 5

Teil 6